
Projekte
Zusammenarbeit im Geigenbau zwischen Ole Ferdinand Storm und Lina Goldbach
Im Rahmen des EYE-Programms (Erasmus for Young Entrepreneurs), das den Austausch von Wissen und innovativen Praktiken zwischen jungen und erfahrenen Unternehmern fördert, arbeitete ich mit Ole Ferdinand Storm, einem erfahrenen Kollegen an einem gemeinsamen Projekt in Nøtterøy, Norwegen. Das Projekt widmete sich verschiedenen Aspekten des Geigenbaus, wobei der Neubau eines Instruments mit Fokus auf die Klangoptimierung im Mittelpunkt stand.
Im Zentrum der Zusammenarbeit stand der Bau einer Geige, bei dem besonderes Augenmerk auf die akustische Optimierung des Instruments gelegt wurde. Ziel war es, die Klangqualität der Geige durch präzise Anpassungen an der inneren Struktur und Konstruktion zu verbessern. Der Austausch über die besten Methoden zur Klanggestaltung führte zu innovativen Lösungen, die sowohl traditionelle Bauweisen als auch moderne klangliche Anforderungen berücksichtigten. Diese Zusammenarbeit brachte neue, wertvolle Erkenntnisse hervor, die zur Verbesserung des Klangs führten.
Für die Violine wurde eine Schnecke entworfen, die sowohl modernes Design als auch den traditionellen Schneckenkopf vereint. Es entstand eine einzigartige Schnecke im Stil eines Nautilus (Ammonit), die die traditionelle Frontansicht kaum veränderte, sich jedoch im Seitenprofil künstlerisch entfaltete. So wurde eine Brücke zwischen traditionellen Ansprüchen und modernem Design geschlagen.
Auch Versuche zu Lack, Grundierung und deren Zusammensetzungen wurden durchgeführt und lieferten interessante Erkenntnisse, auf denen beruhende weitere Forschungen angestellt werden können.
Die Zusammenarbeit war für beide Seiten äußerst bereichernd. Der Austausch war von gegenseitiger Wertschätzung und Offenheit geprägt, was zu einer nachhaltigen Zusammenarbeit führte. Wir vertieften nicht nur unsere Fachkenntnisse, sondern gewannen auch neue Perspektiven auf den Geigenbau, Marketing und Geschäftsfragen. Durch die Kombination von traditioneller Handwerkskunst und modernen Methoden wurde ein innovativer Ansatz entwickelt, der sowohl akustische als auch ästhetische Aspekte neu interpretiert. Der Erfolg dieses Projekts war dank der Unterstützung durch das EYE-Programm möglich. Wir danken allen Beteiligten herzlich für diese wertvolle Erfahrung.





Die Wanderfiedel
Das erste Jahr als Gesellin gestaltete ich im Stile der traditionellen Wanderjahre der Handwerker. Ich besuchte fünf Werkstätten in den Niederlanden, Norwegen und Irland. Sie lernte dort den Geigenbau außerhalb des gelernten Rahmens kennen, verschiedene Methoden und Ansichtsweisen und half bei Projekten vor Ort. Daneben stand der Bau eines eigenen Instruments im Fokus, einer Hardangerfiedel, einem norwegischen Volksinstrument, das über die verschiedenen Werkstätten hinweg angefertigt wurde.
In den Niederlanden stellte ich den Hals mit geschnitztem Fuchskopf und Farnornamenten am Wirbelkasten her. Unter Anleitung von Gesina Liedmeier erlernte ich hier Stück für Stück das Hineindenken, Einlassen und gelassene Umsetzen der Form im dreidimensionalen Schnitzwerk.
In der nächsten Werkstatt, bei den Fiedelbauern der Ole Bull Akademie in Voss, Norwegen, baute ich den Korpus. Wiebke Lüders und Lukas Pawelka leiten mich hier in den kleinen, aber wichtigen Unterschieden zum klassischen Geigenbau an. Hier entwarf ich auch das Design für die Zeichnungen, die im weiteren Verlauf der Praktika in Norwegen auf dem Korpus angebracht werden sollten.
Durch eine Corona-Infektion wurde an dieser Stelle der Verlauf der Fertigstellung der Hardangerfiedel unterbrochen, sodass die Lackierung in Irland bei Dominic Lyons an einem bereits anderen Instrument vorgenommen wurde. Hier wurde Öllack nach 300 Jahre alter Tradition gekocht und verarbeitet. Dabei wurde das Muster einer historischen Violine in der Technik des sog. „Antiquing“ imitiert.




Die Gesellinnengeige nach Vorbild der Violine „Betts“ von Antonio Stradivari (1704)

Als Gesellinnenstück stellte ich eine Violine nach dem Modell der „Betts“ von Antonio Stradivari her. Diese Violine wird vielfach als eines seiner hervorragendsten Instrumente beschrieben und in der Literatur immer wieder für ihre Vollkommenheit, Authentizität und herausragende Qualität in Konstruktion, Material und Gestaltung gelobt. Die beeindruckende Ausstrahlung des Instruments veranlasste mich, sie als Vorbild für mein Gesellinnenstück zu wählen. Während bei gestalterischen Details wie den Ecken, den f-Löchern und der Schnecke besonders Wert auf Genauigkeit zum Modell gelegt wurde, wurden insbesondere bei Klang- und spieltechnischen Merkmalen die modernen Anforderungen berücksichtigt.
Im Zuge der Arbeit habe ich mich intensiv mit dem Modell auseinandergesetzt, eine technische Zeichnung von Hand angefertigt, die sämtliche Maße im 1:1 Maßstab enthielt. Außerdem wurde ein Arbeitsschritt ganz genau beschrieben. Im Fokus stand hier die Ausarbeitung der Ecken, da diese bei der „Betts“ besonders Bild und Ausdruck des Instruments prägen. Im Portfolio wurden alle Arbeitsschritte und Auseinandersetzungen genau dokumentiert.
Portfolio file:
Bau einer Wochenendgeige
Als Vorbereitung auf den Zeitdruck des Gesellenstücks habe ich mir gemeinsam mit drei weiteren Auszubildenden ein ganz besonderes Projekt vorgenommen: den Bau einer kompletten Violine an nur einem Wochenende.
Jeder von uns widmete sich einem Teil, denn die Geige lässt sich wunderbar in vier Teile aufteilen: die Decke, den Boden, den Zargen und dem Hals. Stück für Stück wurden die fertigen Teile dann zusammengesetzt.
Doch der Fokus des Projekts lag nicht nur auf dem zeitlichen Aspekt, wir wollten damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit im Geigenbau setzen. Beim Bau der Violine wurden komplett auf die Verwendung von Tropenhölzern wie Ebenholz oder Palisander verzichtet und statt dessen heimische Hölzer sowie Ersatzprodukte verwendet. Dabei wurden wir von der Firma Sonowood unterstützt, die uns modifiziertes Holz zur Verfügung stellte, dass den Anforderungen in Härte und Langledigkeit von Ebenholz entspricht. Das Projekt steht als Inspiration, den Geigenbau nachhaltig zu gestalten.



Die Bachelorarbeit „Der Alemannische Geigenbau im Kontext der Entstehungsgeschichte der Violine“, Universität des Saarlandes 2019
Die Bachelorarbeit befasste sich mit der Entstehung und frühen Entwicklung vom archaischen Spielmannsinstrument zur Violine, wie wir sie heute kennen. Besonders im Fokus stand dabei die Forschung um die Alemannische Schule, einer frühen Art des Geigenbaus in der Region von der Schweiz bis Süddeutschland. Die Alemannische Schule weist erstaunliche Verwandtschaft zu Geigenbautechniken in verschieden Teilen der Welt auf, deren Entstehung im Verlauf der Arbeit betrachtet wurden. Außerdem wurden herkömmliche Auffassungen der Entstehung der Violine im Bezug auf diese Ergebinsse kritisch hinterfragt. Ein Auszug der Arbeit ist im unten stehenden Link zu lesen.
Inspiration für das Thema der Arbeit waren vor allem die Forschung von Olga Adelmann, der ersten Deutschen Geigenbaumeisterin, die Lina Goldbach auch in ihrer Lehrzeit ein großes Vorbild war.